Volkswirtschaftslehre
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Die Volkswirtschaftslehre (VWL) ist ein Teilgebiet der Wirtschaftswissenschaft und damit eine Sozialwissenschaft.
Inhaltsverzeichnis
1 Betätigungsfeld und Grundannahmen der VWL
1.1 Allokation knapper Güter
1.2 Untersuchungsfelder
1.3 Menschenbild: Homo oeconomicus und rationale Entscheidungen
2 Werkzeuge und Themen der VWL
2.1 Werkzeuge der VWL
2.2 Fachrichtungen und Themen der VWL
2.2.1 Themen in der VWL
3 Historische Positionen (Schulen) der VWL (politischen Ökonomie)
4 Wichtige Theorien in der VWL
1. Betätigungsfeld und Grundannahmen der VWL
1.1 Allokation knapper Güter
Die VWL untersucht die Allokation knapper Ressourcen (Güter und Produktionsfaktoren), die der Befriedigung menschlicher Bedürfnisse dienen. Ausgangspunkt ist also die Grundannahme, dass Güter und Ressourcen knapp sind und die Menschen darum gezwungen sind, sich zwischen verschiedenen Möglichkeiten von deren Einsatz oder Verbrauch zu entscheiden (Ökonomisches Prinzip). Die Knappheit bedeutet dabei, dass eine einmal gewählte Verwendungsmöglichkeit eine andere ausschließt. Ökonomen bezeichnen das als Opportunitätskosten. Die Wahlentscheidungen von Individuen und Gruppen sind daher in der VWL von zentraler Bedeutung. Die Wirtschaftswissenschaftler gehen davon aus, dass Anreize, Präferenzen und Nutzen diese Entscheidungen bestimmen.
1.2 Untersuchungsfelder
In der Volkswirtschaftslehre werden gesamt- und einzelwirtschaftliche Zusammenhänge und Prozesse untersucht. Grundfragen sind Handel, Ressourcenallokation, die Ursachen des Wohlstandes, die Gestaltung der Produktion, die Verteilung des Wohlstandes in einer Gesellschaft, Ursachen von Wirtschaftskrisen sowie die damit verwandten Themen Finanzen, Steuern, Arbeit und Arbeitslosigkeit, Recht, Armut, Umweltschutz und viele andere.
1.3 Menschenbild: Homo oeconomicus und rationale Entscheidungen
Die Mehrheit der zeitgenössischen Ökonomen nimmt an, dass der Mensch rational handelt, um sein Wohlbefinden unter gegebenem Informationsstand zu maximieren. Diese vereinfachende Modellannahme des homo oeconomicus scheint für viele Untersuchungen ausreichend, da sich die irrationalen Vorlieben der einzelnen Individuen in der Summe wieder ausgleichen. Neuere Forschungsmodelle erweitern zunehmend die Annahmen und beziehen irrationales Verhalten in ihre Denkmodelle der Verhaltensökonomie mit ein, so z.B. in der Spieltheorie. Einige Forscher haben für diese Ansätze schon den Wirtschaftsnobelpreis gewonnen. Des Weiteren berücksichtigen neuere ökonomische Menschenbilder opportunistisches Verhalten (opportunism, Williamson), worunter eigennütziges Denken gepaart mit List und Tücke verstanden wird, und die Begrenztheit der menschlichen Rationalität aufgrund beschränkter kognitiver Kapazitäten (bounded rationality, Simon). Darüber hinausgehende Entwicklungen wie die des sog. REMM (resourceful, evaluating, maximizing man, Meckling) beziehen zudem die Lernfähigkeit des Menschen in die Betrachtung mit ein.
2. Werkzeuge und Themen der VWL
2.1 Werkzeuge der VWL
Mathematische Modelle spielen eine wesentliche Rolle in der VWL, da sie klare Beweisführung und eindeutig definierte Annahmen verlangen und in der Regel nicht zu vieldeutigen oder "weich" interpretierbaren Ergebnissen führen. Die generellen volkswirtschaftlichen Ansätze lassen sich aber mit einfacher Arithmetik und dem Verschieben von Kurven darstellen, ohne dass man tiefere mathematische Kenntnisse mitbringen muss. Die Österreichische Schule vertritt sogar die Auffassung, dass jedes Modell, das über einfache Logik hinausgeht, nicht nur überflüssig, sondern sogar ungeeignet für ökonomische Analysen sei. In den letzten Jahren zeigt sich eine zunehmende Tendenz hin zu ökonometrischen Arbeiten.
2.2 Fachrichtungen und Themen der VWL
· Mikroökonomie, die sich mit den Beziehungen von einzelnen Individuen und Firmen untereinander befasst. Die innere Gliederung von Unternehmen ist Gegenstand der Betriebswirtschaftslehre.
· Makroökonomie, die die Wirtschaft im Gesamtzusammenhang betrachtet, also die Wechselwirkung von Einkommen, Beschäftigung und Inflation
In den letzten zwanzig Jahren gab es immer wieder Versuche, diese beiden Grundrichtungen miteinander zu verzahnen. Heute herrscht weitgehend Einigkeit, dass gute makroökonomische Analysen auf fundierten mikroökonomischen Kenntnissen aufbauen müssen.
Innerhalb dieser breiten Fachrichtungen der VWL finden sich spezialisierte Themenbereiche, die ein breites Spektrum menschlicher Tätigkeiten abdecken. Das quantitative Methodenwissen der VWL ist in einer eigenen Fachrichtung zusammengefasst, der Ökonometrie.
2.3 Themen in der VWL
· Allgemeine Mikroökonomie
Allgemeine Gleichgewichtstheorie -- Angebot und Nachfrage -- Preisfunktion -- Preiselastizität -- Nutzenfunktion -- Produktionsfaktor -- Produktionsfunktion
· Mikroökonomie der staatlichen Eingriffe
Entwicklungsökonomie --Öffentliche Finanzen -- Öffentliche Güter und externe Effekte -- Netzwerkeffekte -- Staatliche Regulierung -- Ölflecktheorem
· Spezielle Mikroökonomie für einzelne Bereiche bzw. Branchen
Arbeitsmarkt -- Bildungsökonomie -- Familienökonomie -- Finanzökonomie -- Gesundheitsökonomie -- Industrieökonomik -- Ökonomie des Rechts -- Regionalökonomie -- Verkehrsökonomie -- Umweltökonomie -- Innovationsökonomie -- Ökonomie der Kriminalität -- Religionsökonomie
· Makroökonomie
Gesamtwirtschaftlicher Konsum -- Gesamtwirtschaftliche Investitionen -- Fiskalpolitik -- Geldpolitik -- Preisentwicklung -- Wechselkursentwicklung -- Konjunkturtheorie -- Wachstum -- Arbeitslosigkeit bzw. Gesamtwirtschaftliche Beschäftigung
· Internationale Wirtschaftsbeziehungen
Güterwirtschaftliche und monetäre Außenwirtschaftstheorie -- Zolltheorie -- Handelspolitik -- Zahlungsbilanz -- Internationale Institutionen -- Wirtschaftliche Integration
· Methodologie
Entscheidungstheorie -- Evolutionsökonomik -- Experimentelle Ökonomie -- Ökonometrie -- Spieltheorie -- Wirtschaftsgeografie -- Wirtschaftsgeschichte -- Wirtschaftspolitik
3. Historische Positionen (Schulen) der VWL (politischen Ökonomie)
Im Verlauf der vergangenen zweihundert Jahre haben sich mehrere unterschiedliche Schulen der Volkswirtschaftslehre herausgebildet. Einige Schulen waren über mehrere Jahrzehnte hinweg allgemein akzeptierte Doktrin, andere Schulen führen seit jeher ein Schattendasein. Die folgende Liste bietet einen Überblick über alle volkswirtschaftlichen Denkschulen.
· Merkantilismus
· Physiokratismus
· klassische Nationalökonomie
· Historische Schule
· Sozialismus/Marxismus
· Utilitarismus und die Grenznutzentheorie (Gossensche Gesetze)
· Neoklassik
· Keynesianismus
· Ordoliberalismus
· Monetarismus
· Österreichische Schule
· Evolutionsökonomik
Die neoklassische und die keynesianische Theorie haben derzeit den stärksten Einfluss auf die wissenschaftliche Theoriebildung, der Monetarismus und der Neoliberalismus beeinflussen derzeit am stärksten die Wirtschaftspolitik.
Die Außenseiterpositionen Debitismus und Freiwirtschaftslehre sind zwei Denkschulen, die in der universitären Ausbildung selten gelehrt werden.
4. Wichtige Theorien in der VWL
· Klassische Ökonomie
· Allgemeine Gleichgewichtstheorie
· Reale Außenwirtschaftstheorie: Komparative Kostenvorteile durch Außenhandel (Ricardo)
· Monetäre Außenwirtschaftstheorie
· Overshooting
· Neue Institutionenökonomik
· Transaktionskostentheorie
· Prinzipal-Agent-Theorie
· Theorie der Verfügungsrechte (property rights theory)
· Spieltheorie (Interaktionstheorie)
· Evolutionsökonomik
· Ressourcentheorie